Orienthelfer e.V. eröffnete im September 2022 gemeinsam mit dem lokalen Implementierungspartner HiHFAD (Hand in Hand for Aid and Development) die „Al Amal Vocational High School“ in Nordwest-Syrien. Die Schule bietet Mädchen und jungen Frauen die Möglichkeit einer Berufsausbildung in Krankenpflegeassistenz in Verbindung mit dem Fachabitur. Das Projekt richtet sich gezielt an weibliche Interessentinnen mit bislang guten schulischen Leistungen – oft aus geflüchteten Familien –, denen ohne diese Maßnahme kein weiterführender Schulbesuch möglich wäre.
Der erste Jahrgang ging 2022 mit 41 Schülerinnen an den Start, die Folgejahrgänge 2023 und 2024 zählten ähnlich viele Einschreibungen, so dass bisher insgesamt rund 120 Mädchen und junge Frauen im Alter von 14 bis 17 Jahren direkt von diesem Projekt profitieren konnten.
Die Schülerinnen werden zusätzlich zum theoretischen Unterricht an medizinische Einrichtungen in der Region vermittelt, um dort Berufspraktika und praktische Unterrichtseinheiten der medizinisch-technischen Fächer zu absolvieren. Die sichere Fahrt der Schülerinnen zu den medizinischen Einrichtungen wird als Teil des Projekts von der Schule organisiert.
Begleitend zum Schulbesuch bietet das Projekt den oft traumatisierten Schülerinnen psychosoziale Unterstützung. Zudem werden Lebensmittel- und Hygienepakete an Schülerinnen und bedürftige Mitarbeitende sowie deren Familien verteilt, um einen frühzeitigen Abbruch der Ausbildung zu verhindern. Denn auch wenn der Schulbesuch gebührenfrei ist, stellen die Opportunitätskosten – also ausbleibender Nebenerwerb – die Familien der Schülerinnen vor große wirtschaftliche Herausforderungen.
Darüber hinaus bietet die Schule 19 Mitarbeitenden einen Arbeitsplatz; auch diese sind primär Binnengeflüchtete.
Doch wer sind die jungen Frauen, die von dieser Ausbildungschance profitieren? Sara ist Teil des ersten Jahrgangs der „Al Amal Vocational High School“ und ihre Geschichte steht exemplarisch für den Weg den viele der Schülerinnen bestreiten mussten. Sara wurde vor mehr als zehn Jahren mit ihrer Familie aus Aleppo vertrieben. Sie flüchteten in eine benachbarte Stadt, nach Darat Izza, waren aber auch dort nicht sicher, da die Regierungstruppen die Stadt bombardierten. Der Besuch einer Schule und jegliche Form von Bildung waren eine weit entfernte Utopie.
Schließlich wagte die Familie einen Neuanfang im Norden Aleppos, in Jarablus. Saras Bruder fand eine Anstellung in einer Autowerkstatt und verschaffte der Familie damit eine sichere Einkommensquelle. So konnte sich Sara darauf konzentrieren, ihren Bildungsweg fortzusetzen und ihren größten Traum zu verwirklichen, Ärztin zu werden.
Im Sommer 2022 stieß sie auf Social Media auf einen Beitrag über die Eröffnung der „Al Amal Vocational High School“. Sie meldete sich sofort an und wurde schließlich auch angenommen. Sara erzählt: „Ich war außer mir vor Freude, denn ich hatte das Gefühl, die ersten Schritte in meiner hoffentlich erfolgreichen medizinischen Karriere zu machen. Die Lehrkräfte haben von Beginn an mit einfachen Erklärungen und durch direkte Interaktion mit den Schülerinnen wesentlich dazu beigetragen, unser Interesse an den wissenschaftlichen Fächern zu wecken. Diese großartigen Lehrkräfte und die gute Ausstattung der Schule tragen maßgeblich zur Qualität der Ausbildung bei.“
Sara hofft, dass die Schule in Zukunft erweitert wird, um mehr Schülerinnen aufnehmen zu können und durch Zweigstellen in anderen Gegenden auch anderen jungen Frauen, die wie sie jahrelang keinen Zugang zu formeller Bildung hatten, eine Chance auf erfolgreiche Zukunft im medizinischen Bereich zu ermöglichen.
Die Schülerinnen des ersten Jahrgangs der Schule werden im August/September 2025 den Abschluss erlangen und können dann bereits als anerkannte Krankenpflegeassistentinnen dem medizinischen Fachkräftemangel in der Region entgegenwirken.
Hier finden Sie einen Beitrag der ARD über unser Engagement vor Ort.